2.4 Transversale Modenstruktur im Resonator

 

Die Temperaturabhängigkeit sowie die spektrale Abhängigkeit der transversalen Modenstruktur ist für longitudinal gepumpte, breitbandige Laser von besonderer Bedeutung. Ein 20 cm langer Resonator, der bei 800 nm über einen Wellenlängenbereich von 30 nm emittiert, weist beispielsweise über 30.000 longitudinale sowie die zugehörigen transversalen Moden auf. Spektral weit auseinander liegende transversale Moden können im Strahlprofil stark voneinander abweichen.

Die Modellierung zur Berechnung der transversalen Moden wurde mit dem Programm LightPipes© [Vd93] durchgeführt, welches die Propagation kohärenter Felder in skalarer Näherung erlaubt. Das Programm bietet verschiedene Module zur Propagation im freien Raum, in absorbierenden oder verstärkenden Medien sowie durch verschiedene optische Komponenten. Der Quelltext ist frei erhältlich und darf verändert werden.

Für die exakte Modellierung der Resonatoren wurden die Einflüsse des Laserkristalls berücksichtigt. Neben der thermischen Linse sind noch zwei weitere Effekte von Bedeutung. Da die Laserkristalle im Brewsterwinkel für die jeweilige Polarisation (x||E) geschnitten sind, kommt es zu einer Strahlaufweitung im Kristall in x um den Brechungsindex n (Abb. 2.26) sowie unter Einfall eines divergenten Strahls zum Astigmatismus (Abb. 2.27). Bei einem divergenten Strahl mit dem Phasenfrontradius R sind die Einfallswinkel und damit auch die Brechungswinkel in x verschieden. Daraus resultiert ein Weglängenunterschied dl im Medium, der zur Streckung bzw. Stauchung des Strahlprofils in x führt. Zur Modellierung der Strahlaufweitung wurde ein Modul des Programmpakets so abgeändert, dass die Feldverteilung beim Eintritt in das Medium in x gestreckt und beim Austritt gestaucht wird. Die Weglängendifferenz wurde in das Brechungsindexprofil der thermischen Linse integriert. Für die Propagation durch den Laserkristall wurde das Modul der finiten Differenzen verwendet. Die Ausbreitung des Feldes U in einem Medium mit dem komplexen Brechungsindex A(x,y,z) kann durch folgende Differentialgleichung beschrieben werden:

(Gl. 2.36)

Abb. 2.26 Schema der Aufweitung des Strahldurchmessers (Brewster-Winkel) (x - Richtung des E-Feldes; y – senkrecht zu x und z, z - Ausbreitungsrichtung)

 

Abb. 2.27 Schema zur Weglängendifferenz im Medium (Astigmatismus) (x - Richtung des E-Feldes; y – senkrecht zu x und z, z - Ausbreitungsrichtung)

 

Gleichung 2.36 lässt sich auch als Gleichung finiter Differenzen darstellen:

(Gl. 2.37)

Die Lösung dieser Gleichung beschreibt die Feldverteilung bei z+Dz als Funktion der Feldverteilung bei z unter Einbeziehung der Beugung, Brechung und Verstärkung. Der Nachteil der Verwendung der Finite-Differenz-Methode liegt darin, dass die Sättigung der Verstärkung und die Abnahme der Inversion nicht berücksichtigt wird. Im Fall der Verstärkungsschaltung stabilisiert sich das transversale Modenprofil aufgrund der hohen Verstärkung jedoch nach wenigen Umläufen, so dass die Sättigungsintensität nicht erreicht und das obere Niveau nur unmerklich entleert wird. Im Fall der qcw-Anregung von Ti:Saphir unter den hier gewählten Pumpbedingungen (siehe Kapitel 2.3.3) ist die Verstärkung ohne stimulierte Emission nur wenig verschieden von der mit stimulierter Emission, so dass der Fehler der transversalen Modenstruktur nur gering ist.

Unter Einbeziehung der durch den Kristall hervorgerufenen Störungen wurden die verschiedenen Resonatoren modelliert. Ein Schema zur Resonatorberechnung ist im Anhang dargestellt. Abbildung 2.28 zeigt das berechnete Intensitätsprofil und die Schnitte in x und y für einen Ti:Saphir-Resonator mit starkem Astigmatismus. Die Ringstrukturen um das zentrale Maximum resultieren aus der nicht parabolischen thermischen Linse, die zu Aberrationen im Lichtfeld führt.

Abb. 2.28 Beispiel für einen starken Astigmatismus im Ti:Saphir-Resonator: berechnetes Strahlprofil und Schnitte in x und y

 

Entwicklung des transversalen Modenprofils im Pulszug

Abb. 2.29 berechnetes Intensitätsprofil des 11.Pulses eines Pulszugs bei 795 nm

 

In Abbildung 2.29 ist die berechnete transversale Intensitätsverteilung M(x,y,795 nm) des 11. Pulses eines Pulszugs dargestellt, bei einer Wellenlänge von 795 nm, in 45 cm Abstand vom Auskoppelspiegel. Die Berechnung wurde für einen 25 cm langen Resonator mit Spiegel-Krümmungsradien von 20 cm, einer Pumppulsenergie von 4,5 mJ pro ns-Puls und einem Pumpstrahlradius im Ti:Saphir-Kristall von 120 µm durchgeführt. Aufgrund der Aberrationen durch die thermische Linse ist das Strahlprofil nicht gaußförmig.

Der Vergleich der für gleiche Pumpbedingungen und gleiche Resonatorgeometrien, aber unterschiedliche Wellenlängen berechneten Intensitätsprofile zeigt, dass die Form der Profile um mehrere Prozent abweicht. In Abbildung 2.30 a) ist die Differenz zwischen den intensitätsnormierten Strahlprofilen bei 775 nm und 795 nm dargestellt, in Abb. 2.30 b) die zwischen den Strahlprofilen bei 815 nm und 795 nm. Die Größe der Abweichungen ist abhängig von der thermischen Linse, der Dispersion im Laserkristall und der Resonatorgeometrie. Aus diesen Abweichungen resultiert eine spektrale Abhängigkeit des Modenvolumens im Laserkristall sowie eine laterale Abhängigkeit des Laserspektrums.

Abb. 2.30 Differenzen berechneter Intensitätsprofile des 11.Pulses eines Pulszugs: a) M(x,y,775 nm) - M(x,y,795 nm) b) M(x,y,815 nm) - M(x,y,795 nm)

 


Abb. 2.30a Differenzen berechneter Intensitätsprofile des 1.Pulses eines Pulszugs: a) M(x,y,775 nm) - M(x,y,795 nm) b) M(x,y,815 nm) - M(x,y,795 nm)


 

 

2.4.1 Überlapp des transversalen Modes und des Verstärkungsprofils im Kristall

 

Bei der longitudinalen Anregung mit Grundmodelasern ist das aktive Medium nicht homogen angeregt. Die Pumpstrahlradien im Lasermedium liegen im Bereich von mehreren 10 µm bis mehreren 100 µm, abhängig von der jeweiligen Anregungsart (cw, qcw, Verstärkungsschaltung). Die Anpassung des gepumpten Volumens an das Modenvolumen im Lasermedium spielt für die Verstärkung dieser Lasermode eine besondere Rolle. Aufgrund der unterschiedlichen Verstärkung im Verstärkungsbereich, der Dispersion im Medium und der spektralen Abhängigkeit der Lichtbeugung unterscheiden sich die transversalen Resonatormoden bei verschiedenen Wellenlängen voneinander, damit auch das Modenvolumen. Aus der spektralen Abhängigkeit des Modenvolumens im Laserkristall ergibt sich eine spektrale Abhängigkeit der für den jeweiligen transversalen Mode wirksamen Inversion. Dies führt zu einer Veränderung im spektralen Verlauf der Kleinsignalverstärkung. Der Überlapp zwischen der Inversionsdichteverteilung N3(x,y,z) (Kapitel 2.3.2) und dem intensitätsnormierten Modenprofil M(x,y,z,l) (Abb. 2.31) wird im folgenden als Modenüberlapp bezeichnet. Die effektive Kleinsignalverstärkung geff ergibt sich damit zu:

(Gl. 2.38)

 

In Abbildung 2.32 sind die mit Gleichung 2.38 berechneten effektiven Kleinsignalverstärkungen (Ti:Saphir) für verschiedene Pulse eines 11 Pulse umfassenden Pulszugs dargestellt. Die Pfeile bezeichnen die Wellenlängen, für die der Überlapp berechnet wurde, die Zwischenwerte wurden interpoliert.

Veränderung des Modenprofils im Ti:Saphir pro Umlauf

Abb. 2.31 Entwicklung des Modenprofils im Kristall (intensitätsnormiert) für den unter Kapitel 2.4. beschriebenen Resonator (Resonator T3)

 

Der Vergleich der berechneten spektralen Verläufe der Verstärkung in Abbildung 2.32 (Ti:Saphir) mit Berücksichtigung des Modenüberlapps mit dem ohne Berücksichtigung des Modenüberlapps zeigt, dass das Maximum, die Wellenlänge am Maximum und die spektrale Breite stark voneinander abweichen. Die spektrale Abhängigkeit des Modenüberlapps bewirkt eine Verbreiterung des Verstärkungsprofils (1. Puls). Mit zunehmender thermischer Linse im Verlauf des Pulszugs variieren die Modenvolumina und damit der Überlapp. Dies führt zum Driften und Springen der Wellenlänge am Verstärkungsmaximum, zur Veränderung der maximalen Verstärkung und zur Veränderung der Bandbreite der Verstärkung (5., 11. Puls). Unter besonderen Umständen treten sogar zwei Maxima auf (8. Puls). Die Ursache dieser Veränderungen liegt in den durch die Aberrationen der thermischen Linse hervorgerufenen Nebenmaxima im Strahlprofil, welche Auswirkungen auf den Modenüberlapp haben.

Die Berechnung der spektralen Abhängigkeit des Modenüberlapps ist essentiell für die Modellierung longitudinal angeregter, breitbandiger Festkörperlaser. Damit lassen sich die beobachteten Phänomene wie das Driften und Springen der Emissionsspektren des Lasers während des Pulszugs, die Variation der Pulsaufbauzeiten und der Pulsenergien sowie Spektren mit zwei Maxima erklären (siehe Kapitel 4.1.1).

Abb. 2.32 berechnete effektive Kleinsignalverstärkung für den Resonator T3

 

 

2.4.2 Strahlqualität des emittierten Laserlichts

 

Die Strahlqualität M2 ist ein Maß zur Charakterisierung von Lichtfeldern. M2 bestimmt dabei das Verhältnis des Strahlparameterprodukts aus halbem Fernfeldöffnungswinkel q und Strahltaillenradius w0 zum Strahlparameterprodukt (l/p) eines beugungsbegrenzten Lichtfeldes (M2= pq w0/l). Experimentell wird zur Bestimmung der Strahlqualität das Lichtfeld fokussiert und an verschiedenen Stellen der Kaustik der Strahlradius bestimmt.

Zur Berechnung der Strahlqualität wird das Lichtfeld des Pulses bzw. jedes Pulses im Pulszug am Maximum der Verstärkung durch eine Linse mit einer Brennweite von 300 mm und einem Abstand zum Auskoppelspiegel von 50 cm propagiert. Dadurch wird die Vergleichbarkeit der berechneten und der gemessenen Kaustik gewährleistet (Kapitel 4.1.2.3). Da die Resonatorberechnungen keine Sättigung der Verstärkung beinhalten, werden die Intensitätsverteilungen des Pulses bzw. der Pulse im Pulszug energienormiert und mit den errechneten Pulsenergien (Kapitel 2.5) ins Verhältnis gesetzt. Für jeden Ort z um die Strahltaille werden die Intensitätsverteilungen der Pulse im Pulszug aufintegriert. Aus den Intensitätsverteilungen wird der Strahlradius w(z), der 1/e2-Radius der Intensität, bestimmt. Die Strahlqualität M2 erhält man durch Regression der Gleichung 2.39 an die Kaustik.

(Gl. 2.39)

lM ist die Wellenlänge, für die die transversale Modenstruktur berechnet wurde, z0 der Ort der Strahltaille und w0 der Taillenradius der Kaustik.

Abbildung 2.33 zeigt die für den unter Kapitel 2.4 beschriebenen Ti:Saphir-Resonator berechneten Kaustiken und Strahlqualitäten bei verschiedenen Pumpradien. Die berechneten Strahlqualitäten verbessern sich bei Pumpradien, die größer sind als der Modenradius ohne thermische Linse (120 µm), gleichzeitig sinkt die Ausgangsenergie. Die Pulsenergien in Abhängigkeit vom Pumpradius sind in Abbildung 2.38 dargestellt.

Abb. 2.33 berechnete Kaustiken für verschiedene Pumpradien für Resonator T3