4.2 Ergebnisse der quasi-kontinuierlichen Anregung von Ti:Saphir

 

Die quasi-kontinuierliche Anregung von Ti:Saphir wurde mit dem Hintergrund untersucht, eine spektral kontinuierliche, schnell durchstimmbare Lichtquelle zu realisieren. Dabei sollte der Effekt des Driftens der Wellenlänge am Maximum des Emissionsspektrums aufgrund der transienten thermischen Linse und des daraus resultierenden sich zeitlich verändernden Modenüberlapps ausgenutzt werden.

Als Pumplaser wurde ein Blitzlampen gepumpter und resonatorintern frequenzverdoppelter Nd:YAG-Laser verwendet. Ein Schema des Aufbaus ist in Abbildung 4.45 dargestellt. Der gefaltete Pumplaser besaß eine Länge von 130 cm, der Auskoppelspiegel (OC) war 100 cm vom hochreflektierenden Planspiegel HRM1 entfernt. Der Pumpresonator war für die Grundwellenlänge von 1064 nm hochreflektierend, was zu einer starken Überhöhung der Intensität im Resonator und zu einer starken Reduktion der störenden Relaxationsschwingungen (Spiking) führte. Der Resonatorspiegel HRM2 wies einen Krümmungsradius von 100 mm auf und war für Grundwelle (1064 nm) und Oberwelle (532 nm) hochreflektierend beschichtet. Der Spiegel OC war für das frequenzverdoppelte Licht unter einem Einfallswinkel nahe 0° hochtransmittierend. Die starke Krümmung des HRM2 diente der Erzeugung eines Fokus im Resonator im Bereich des Frequenzverdopplers (KTP), um die Leistungsdichte im KTP und damit die Konversionseffizienz zu erhöhen. Der KTP war so justiert, dass die außerordentliche Achse horizontal ausgerichtet war. Die im auskoppelseitigen Teil des Resonators erzeugte starke Divergenz wurde mit der Linse L1 (f = 300 mm) kompensiert, da die thermische Linse des Nd:YAG sehr gering war. Mit der Modenblende A1 wurde der transversale Grundmode selektiert. Die Lambda-Viertel-Platte diente der Unterdrückung der Intensitätsfluktuationen, die durch die nichtlineare Kopplung der longitudinalen Moden im doppelbrechenden KTP entstehen (Grünes Problem). Die Blitzlampenpulsdauer betrug 1,5 ms, die Repetitionsfrequenz 10 Hz bei einer mittleren elektrischen Pumpleistung von 0,65 kW.

Der Ti:Saphir-Resonator wurde von einem sehr breitbandigen HR-Spiegel (HR-qcw, vgl. Abb. 3.1) mit einem Krümmungsradius von 100 mm und einem OC mit gleichem Krümmungsradius und einem Reflexionsgrad von 90% gebildet. Die Resonatorlänge betrug 18,5 cm, der OC konnte mittels eines Mikrometertisches in z-Richtung verschoben werden. Dies ermöglichte die Veränderung des Modenradius im Kristall über die Variation der Resonatorlänge.

Abb. 4.45 Schema des experimentellen Aufbaus zur qcw-Anregung von Ti:Saphir

 

 

4.2.1 Messung der Zeitverläufe der Intensität

 

Unter diesen Pumpbedingungen konnte eine Ausgangsenergie von 1,24 mJ+-0,05 mJ bei einer Pumpenergie von 40 mJ erzielt werden. In Abbildung 4.46 sind die zeitlichen Verläufe des Pumppulses (grün) und des Ti:Saphir-Laserpulses (rot) dargestellt. Die schwarz gestrichelte Linie resultiert aus der Regression der Gleichung 2.24 an den Pumppuls. Deutlich ist zu erkennen, dass der Ti:Saphir-Laser nicht im Bereich der maximalen Pumprate (vgl. Abb. 2.25) emittiert, sondern später. Dies kann nicht durch Laufzeiteffekte bei der Messung oder durch lange Pulsaufbauzeiten verursacht werden, da sich Laufzeiteffekte nur im Nanosekundenbereich bemerkbar machen und die Fluoreszenzlebensdauer des Ti:Saphir von 3,2 µs Pulsaufbauzeiten in dieser Größenordnung nicht zulässt. Dieser Effekt wird durch die transiente thermische Linse im Ti:Saphir verursacht. Aufgrund des im Verhältnis zum Modenradius ohne thermische Linse (90 µm) kleineren Pumpradius (60 µm) und der daraus folgenden geringen Verstärkung wird die Laserschwelle nicht erreicht. Durch die im Pumppulsverlauf wachsende thermische Linse verändert sich die transversale Modenstruktur und damit die effektive Inversionsdichte zeitlich (siehe Abb. 2.44). Im Bereich der maximalen effektiven Inversionsdichte wird die Laserschwelle erreicht. Der Vergleich des gemessenen und des berechneten Intensitätsverlaufs macht deutlich, dass das aufgestellte Modell die beobachteten Effekte nicht vollständig beschreibt. Vermutlich sind zusätzliche geometrische Effekte für die Abweichungen verantwortlich, die in die Modellierung nicht einbezogen werden konnten.

Abb. 4.46 zeitliche Entwicklung der Intensität des Pumppulses und des Ti:Saphir-Laserpulses

 

4.2.2 Emissionsspektrum

 

Das über den Puls aufintegrierte Spektrum ist in Abbildung 4.47 dargestellt. Es weist wie die Spektren des verstärkungsgeschalteten Alexandrit-Lasers Modulationen auf. Diese resultieren ebenfalls aus dem leichten Fehlschnitt der Brewster-Endflächen zu den Kristallachsen des Ti:Saphir. Der Laser emittierte über einen Wellenlängenbereich von 57 nm mit beidseitig sehr weitläufigen Flanken.

Die zeitaufgelöste Messung des Spektrums ergab, dass das breite Gesamtspektrum aus dem kontinuierlichen Driften eines schmalen Spektrums über einen Bereich von 60 nm resultiert (Abb. 4.48). Dieses zeigte wieder Modulationen mit einem spektralen Abstand der Maxima von ca. 4 nm sowie weitläufige Flanken. Die Torzeit des Bildverstärkers betrug bei der Aufnahme der Spektren 5 µs. In den ersten 50 µs der Emission driftet das Spektrum über einen Bereich von ca. 40 nm, was auf eine starke Dynamik schließen lässt.

Abb. 4.47 Gesamtspektrum des qcw-Lasers und nach Gl. 4.1 berechnete Modulation (Beispiel) auf der spektralen Verstärkungsverteilung (Lyot-Filter)

 

Abb. 4.48 Spektren des qcw-Lasers zu verschiedenen Zeitpunkten im Ti:Saphir-Puls

 

Eine Erklärung für das Driften des schmalen Spektrums liefert wieder die spektrale Abhängigkeit des Überlapps (Modenüberlapp) von transversalem Mode und dem räumlichen Verstärkungsprofil im Ti:Saphir (vgl. Kap. 2.4.1). In Abbildung 4.49 sind die zeitliche Entwicklung der effektiven Besetzungsdichten Neff für die Startwellenlänge des Driftens (740 nm), für die Wellenlänge am Maximum des Emissionswirkungsquerschnitts (795 nm) und für die Endwellenlänge des Driftens (805 nm) dargestellt (vgl. Abb. 2.44). Das Maximum der effektiven Inversionsdichte für 740 nm ist nahezu doppelt so hoch wie das bei 795 nm und das bei 805 nm. Der Emissionswirkungsquerschnitt bei 740 nm beträgt 78% dessen bei 795 nm (vgl. Abb. 2.9), die Resonatorverluste bei 740 nm betragen 88% derer bei 795 nm (vgl. Abb. 3.1). Daraus folgt, dass der Laser bei kleinen Wellenlängen zuerst die Schwelle erreicht. Das anschließende schnelle Driften des Spektrums innerhalb von 50 µs resultiert vermutlich daraus, dass die Maxima der effektiven Inversionsdichte mit größerer Wellenlänge zeitlich versetzt auftreten. Die Berechnung der effektiven Inversionsdichte wurde 40 mal mit einem zeitlichen Abstand von 37,5 µs durchgeführt, die zeitliche Verschiebung der Maxima um wenige 10 µs kann somit nicht aufgelöst werden. Die zeitliche Entwicklung der effektiven Inversionsdichte bei 805 nm weist ein Maximum bei ca. 700 µs auf, zu diesem Zeitpunkt emittierte der Laser bei ca. 800 nm.

Ein weiterer Effekt könnte für die Drift verantwortlich sein bzw. unterstützend wirken. Der gepumpte Laserkristall unter Brewster-Winkel wirkt im Resonator wie eine verkippte Linse (Abb. 4.50). Mit wachsender Brechkraft wird der Laser für den kurzwelligen Anteil der Laserstrahlung zunehmend dejustiert. Das breite Verstärkungsspektrum ermöglicht aber ein Ausweichen auf größere Wellenlängen, bei denen die Brechkraft aufgrund der Dispersion im Kristall geringer ist. Ein Indiz dafür ist die Form des transversalen Strahlprofils. Dieser Effekt konnte nicht in die Modellierung einbezogen werden.

Abb. 4.49 zeitliche Entwicklung der effektiven Besetzungsdichten

 

Abb. 4.50 Schema zur verkippten Linse im Resonator (rot: langwelliger Anteil, blau: kurzwelliger Anteil)

 

4.2.3 Transversales Modenprofil

 

Das über den Puls aufintegrierte Strahlprofil (Abb. 4.51) zeigt eine starke Asymmetrie. Diese resultiert nicht aus dem Astigmatismus des unter dem Brewster-Winkel positionierten Kristalls (planparallele Platte mit schrägem Lichteinfall). Dieser würde eine Streckung des Strahlradius in y (vertikal) bewirken. Die Streckung in x (x||E) wird wahrscheinlich durch die sich verändernde schräge thermische Linse verursacht.

Abb. 4.51 Strahlprofil in einer Entfernung von 50 cm zum Auskoppelspiegel

 

 

4.2.4 Zusammenfassung und Diskussion

 

Es wurde ein Ti:Saphir-Laser mit quasi-kontinuierlicher Anregung realisiert und bezüglich der zeitlichen Entwicklung des Emissionsspektrums und der Intensität untersucht. Ziel der Untersuchungen war die Prüfung der Möglichkeit, die zeitliche Veränderung des Modenüberlapps zur schmalbandigen, kontinuierlichen und schnellen Durchstimmung auszunutzen. Die dabei erzielte Pulsenergie betrug 1,24 mJ bei einer optischen Effizienz von 3%. Der Laser emittierte über einen Spektralbereich von 57 nm. Das Spektrum wies Modulationen auf, die aus dem leichten Fehlschnitt des Alexandrit-Kristalls resultierten. Das breite Spektrum wurde durch die schnelle Drift (innerhalb einer ms) schmaler Spektren verursacht. Der Mechanismus dieser kontinuierlichen, schnellen Drift über einen so großen Spektralbereich ist nicht vollständig geklärt. Die Einbeziehung des Moden-überlapps in die Ratengleichungen allein genügt nicht zur vollständigen Beschreibung der Drift.

Unter geeigneten Pumpbedingungen kann dieser Effekt zum Aufbau einer sehr einfachen, kontinuierlich und schnell durchstimmbaren Laserlichtquelle benutzt werden. Durch die Verwendung eines kurzen und exakter geschnittenen Laserkristalls unter Brewster-Winkel kann der Lyot-Filter-Effekt vermieden oder zumindest vermindert werden.